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Würgassen: Mein 2. Brief an Ministerin Schulze

Lesen Sie hier meinen 2. Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze zur geplanten Einrichtung eines Bereitstellungslagers in Würgassen. 

Sehr geehrter Frau Bundesministerin Schulze,

Im Nachgang zu meinem bisher unbeantworteten Brief vom 09.03.2020 habe ich nach Auswertung verschiedener jetzt zugänglichen Unterlagen einige ergänzende Fragen bzw. Anmerkungen, zu denen ich Sie bitte Stellung zu nehmen.

Ich komme zu dem Ergebnis, dass die Bewertungsmethodik Fehler aufweist, die die Standortentscheidung in Frage stellt. Im Sinne eines zeitgerechten Verfahrens, darauf weist das Ministerium selbst hin, möchte ich das Ministerium bzw. die BGZ auffordern, weitere Standorte in eine vertiefende Prüfung aufzunehmen und anschließend in einem transparenten Prozess für alle Standorte zu einer Auswahl zu kommen. Ich bin der Überzeugung, dass nur so eine Akzeptanz der Entscheidung, egal für welchen Standort, erreicht werden kann.

Ich möchte zudem eindringlich an die Bitte in meinem o.g. Schreiben erinnern, mit Ihnen und den politischen Vertretern der Region ein erstes Gespräch zu führen. Ich habe bisher zu diesem Gesprächswunsch keine Reaktion erhalten. Ich denke, dass in der Woche nach dem 19.04.2020 auch unter Berücksichtigung und Einhaltung der Einschränkungen durch die Coronapandemie ein solches persönliches Gespräch stattfinden kann. Eine Telefon- oder Videokonferenz kann meines Erachtens ein persönliches Treffen nicht ersetzen und kann allenfalls als Zwischenlösung akzeptiert werden.

 

1.) Standortempfehlung der BGZ

a) Das Bereitstellungslager soll nach der Darstellung auf S. 1 der Verringerung des Erweiterungsbedarfes in den dezentralen Zwischenlagerstandorten dienen. Welche Erweiterungsbedarfe (Lagervolumen) gibt es an welchen Standorten?

b) Auch wenn es nachvollziehbar ist, die genannten Behörden in die Grundstückssuche einzubeziehen, stellt sich die Frage, warum nicht auch eine Suche darüber hinaus, zum Beispiel auf privaten Grundstücken erfolgt ist.

c) Auf Seite 5 wird darauf hingewiesen, dass es neben Würgassen 8 weitere Standorte gibt, die grundsätzlich geeignet sind. Zur Herstellung einer Akzeptanz müssen weitere Standorte vertieft auf ihre Eignung geprüft werden.

d) In der Gegenüberstellung der 28 Standorte (Anlage 1) steht für Würgassen beim Kriterium „Abstand zur Wohnbebauung 300 m“ ein „Nein“. Der Standort hätte ausscheiden müssen.

Der Wert „0“ bis zum nächsten aktiven Gleisverlauf ist falsch. Es sind (Luftlinie) ca. 900 m. Der Gleisanschluss ist stillgelegt.

e) Die Matrix der 9 Standorte in der engeren Auswahl (Anlage 2) enthält nur noch die 2 Kriterien Anbindung und Entfernung. Warum werden nicht alle Kriterien gewichtet?

Als Unterkriterien ist die Entfernung zum Gleis (gemeint kann nur sein: „Zum nächsten aktiven Gleisverlauf s.o.) und die (Straßen-)Entfernung zu Konrad genannt. Hier hätte wenigstens noch die Schienenentfernung bis Konrad aufgenommen werden müssen. Denn beim Abstand zu Konrad geht es um Sicherheits- und Störungsfragen, die auf der Schiene oder der Straße anfallen können.

Unter Einbeziehung der richtigen Entfernung zum aktiven Gleis würde der Score für Würgassen 0,45 ergeben und damit nur noch unwesentlich vor dem zweiten Standort liegen. Unter Einbeziehung der Schienenentfernung würde sich die Reihenfolge verändern!

 

2.) Gutachten des Ökoinstitutes vom 08.01.2020 zur Herleitung der Standortempfehlung „Zentrales Bereitstellungslager Konrad“ der BGZ

a) Das Ökoinstitut weist darauf hin, dass die BGZ neben den Anforderungen der ESK eigene Anforderungen entwickelt hat. Welche eigenen Kriterien sind das? Ist eine Abstimmung mit der ESK erfolgt?

b) Das Ökoinstitut erwähnt ein vorläufiges standortunabhängigen technisches Konzept der BGZ (Seite 6). Kann dies im Sinne der Transparenz zur Verfügung gestellt werden?

c) Die BGZ hat bei der Abfrage der Flächen als Kriterium vorgegeben: „geeignet sind nur güterverkehrsfähige Gleisverläufe - ESK Anforderung: Schwerlasteignung, Verfügbarkeit zweigleisige Strecke, Erreichbarkeit aus mehr als einer Richtung“. Der Standort Würgassen liegt in der Nähe einer eingleisigen Bahnstrecke und hätte damit als ungeeignet ausscheiden müssen. Die anderen genannten Kriterien führten als „harte“ Kriterien zum Ausschluss von Standorten. Die BGZ hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie dieses Kriterium als „weiches“ ansieht. Wie erklärt sich dieser Widerspruch?

Darüber hinaus hat die Bahn hat gegenüber der Stadt Beverungen den an Würgassen vorbeiführenden Streckenabschnitt als für den Güterverkehr für ungeeignet bezeichnet.

d) Es wird bei der Auswahl des Standortes Würgassen immer wieder auf die 2 Alleinstellungsmerkmale „vorhandener Gleisanschluss“ und „bestehende Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle“ hingewiesen (Seite 7). Als Begründung dafür wird die zeitnahe Realisierung angegeben. Zur Zeit gibt es 7 Jahre Vorlauf für einen 30jährigen Betrieb. Es wird bisher an keiner Stelle erläutert, wie der Zeitablauf für andere Standorte im Vergleich zu Würgassen aussieht, so dass es für die Herausstellung dieser Punkte keine substanzielle Begründung gibt. Warum reicht die Zeit nicht an anderen Standorten?

e) Auf den Seiten 13 und 14 wird erläutert, dass der Standort Torgau in die nähere Auswahl hätte einbezogen werden müssen. Die Tabelle 4-1 zeigt, dass dadurch die Standorte Würgassen (0,26) und Braunschweig (0,29) fast gleichauf im Ranking gewesen wären. Dies begründet noch einmal eindringlich, die Prüfung weiterer Standorte gleichwertig zu Würgassen vorzunehmen.

e) Das Ökoinstitut weist auf Seite 13 (letzter Absatz) darauf hin, dass das Verfahren bei der Ermittlung des Rankings grobe qualitative Mängel ausweist! Wäre es nach Vorlage der Stellungnahme nicht richtig gewesen, diese zu beseitigen.

 

3.) Bewertung der grundsätzlichen Eignung des Standortes Würgassen durch das Ökoinstitut vom 09.01.2020

In seinen Schlussfolgerungen (S. 24) legt das Ökoinstitut dar, welche Anforderungen beim Standort Würgassen nicht erfüllt werden und deshalb eine abschließende Bewertung nicht möglich ist.

Weshalb hat man trotz dieser Einschätzung eine Standortauswahl getroffen? Warum wurden nicht ergänzend andere Standorte weiter geprüft?

 

4.) Im Jahre 2009 ist eine Transportstudie für das Endlager Konrad erstellt worden. In dieser wurden auch Sicherheitsfragen erläutert, die auf für den Standort eines Bereitstellungslager wichtig sind. Kann diese zur Verfügung gestellt werden?

 

Mit freundlichen Grüßen

Christian Haase MdB